‚COMnect‘ — welche Impulse kann Comelit mit der verkündeten „Öffnung“ zur Außenwelt setzen?
Mit der Vernetzung technischer Komponenten ist es immer so eine Sache: Wer seine eigenen vier Wände ’smart‘ haben möchte und dabei in erster Linie Rollladen-, Licht- und Heizungssteuerung im Blick hat, für den hält sich der Aufwand in Grenzen. Herstellerübergreifende Konnektivität ist hier ein Mehrwert, aber keinesfalls notwendig. Deutlich komplexer wird das Ganze spätestens dann, wenn es darum geht, das Geschäftsfeld Türkommunikation mit anspruchsvoller Gebäudeautomation zusammenzuführen.
Wesentlicher Bestandteil einer Türkommunikationslösung ist es zunächst, eine außen befindliche Türstation mit einer Innenstation zu verknüpfen. Einmal in der Wohnung angekommen, geht es in einem nächsten Schritt darum, die außen befindliche Türstation über die Innenstation an die digitalisierte Welt heranzuführen. Die IQ-Innenstationen von Siedle ermöglichen beispielsweise mobile Türkommunikation ohne komplexe Installation. Dazu ist lediglich ein vorhandenes Haustelefon durch eine Siedle-IQ Innenstation zu ersetzen und über die Siedle-App für iOS und Android mit einem Router zu verbinden. Der einzige Unterschied zum bisherigen Haustelefon besteht darin, dass eine zusätzliche Stromversorgung benötigt wird, um die WLAN-Verbindungmit dem Internetrouter dauerhaft aufrechterhalten zu können.
Hinzukommt: Die leitungsgebundene Innenstation für das System Siedle Access, das Access-Video-Panel, kann unterbestimmten Voraussetzungen den KNX-Visu-Server von Jung bedienen. Durch diesen ‚Kniff‘ hat das Siedle-Panel kompletten Zugriff auf die Funktionalitäten des KNX-Visu-Servers. Dieser ebnet nicht nur den Weg in die nahezu unbegrenzte Automationswelt des KNX-Standards. Er bindet zugleich zahlreiche IoT– Anwendungen in eine vorhandene KNX-Automationslösung ein. Ein ähnliches Prinzip wie Jung beim KNX Visu-Server verfolgt auch die Hager-Gruppe mit ihrem ‚IoT-Controller‘. Derartige Lösungsansätze sind grundsätzlich eine tolle Sache. Aber: Die Einbindung von Türkommunikationslösungen in die Gebäudeautomation ist derzeit noch kein Massenphänomen. Dies dürfte ein Grund dafür sein, dass die Türkommunikation bei der Automation von Wohnungen größerer Wohnanlagen in der Wohnungswirtschaft allenfalls sporadisch Beachtung findet.
Der italienische Türkommunikationsspezialist Comelit zählt in der Wohnungswirtschaft seit vielen Jahren zu den ganz Großen. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass dieser Anbieter detailliert darüber nachgedacht hat, wie sich seine an sich proprietären Video-Sprechanlagen-Systeme in die Automationssysteme von Drittanbietern einbinden lassen. In einer aktuellen Kundeninformation heißt es dazu unter anderem wörtlich:
Comelit ist das erste Unternehmen weltweit, das sein proprietäres Video-Sprechanlagen-System für andere Hersteller öffnet. In der Wohnungswirtschaft ist das eine Forderung, die mehr und mehr Thema wird. Comelit besetzt nun dieses Thema und will es mit Partnern vorantreiben. Einerseits mit Integrationsthemen und andererseits mit Co-Branding-Strategien[…]Ein Produkt muss für die Integration mit weiteren Geräten und Softwarelösungen offen sein. Hinsichtlich dieser Marktentwicklung hat Comelit beschlossen, ein Integrationsprogramm mit dem Titel ‚COMnect‘ zu starten.“ Die ersten Auswirkungen des hier angekündigten Integrationsprogramms lassen sich derzeit insbesondere an folgenden Lösungen veranschaulichen: Maxi Android– Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich ein 7-Zoll-Touchscreen-Video-SprechanlagenMonitor.Das Gerät basiert auf einem Android-Betriebssystem und verspricht die gleiche Flexibilität wie ein Tablet. Es lassen sich Applikationen von Drittherstellern laden. Damit stellt Comelit ein Gerät zur Verfügung, das Anwenderinnen und Anwender gleichermaßen als Video-Sprechanlagen-Monitor und als Kontrolleinheit für Comelit-unabhängige Anwendungen einsetzen kann. Ein gut gemeinter Versuch, im Bereich ‚Smart Home‘ jene Anwendungsnachteile abzumildern, die in den letzten Jahren durch die viel beklagte Flut höchst unterschiedlicher Apps entstanden sind. Hinzu kommt die Anbindung der Türkommunikationslösung an ein zentrales Bediengerät.
Integration in Anwendungen von Drittanbietern – Gleichzeitig setzt Comelit darauf, dass sich die eigenen Video-Sprechanlagenüber eine App in die Systeme von Drittanbietern einbinden lassen. Über das Modul ‚Comelit Intercom‘ erhalten Anwendungsentwickler aller Systeme, die sich in einem Gebäude befinden, eine Möglichkeit, die Funktion‚ Video-Sprechanlagen in die eigene Anwendung zu integrieren. Als Beispiel heißt es dazu in der bereits erwähnten Kundeninformation wörtlich: „Wenn z. B. in einer Wohngemeinschaft eine Community-App zur Anwendung kommt, kann die Video-Sprechanlage in diese Anwendung eingefügt werden. Über diese Anwendung kann nun der Ruf von der Haustüre entgegengenommen werden und ggf. die Tür geöffnet werden.“
Dabei stellt sich natürlich die Frage, wie viele Community-Apps es heute bereits gibt und wie sich die Nachfrage hier in den nächsten Jahren entwickeln wird. Aber: Die Türkommunikation ist ein ganz zentraler Bestandteil der elektrotechnischen Installation. Die professionelle und komfortable Anbindung an die Gebäudeautomation einer Immobilie bietet einen erheblichen Mehrwert – nicht nur für Anwenderinnen und Anwender, sondern auch für das elektrotechnische Fachhandwerk. Im Bereich des großflächigen Wohnungsbaus stößt nahezu jeder Anbieter mit seinen derzeitigen Möglichkeiten bei der Anzahl möglicher Teilnehmer irgendwann an natürliche Grenzen. Nicht zuletzt deshalb betreibt beispielsweise der Hersteller Gira in diesen Tagen einen gewissen Aufwand, um seine Installations-Partner über neue Möglichkeiten zu informieren, die sich durch die Nutzung des Bediengeräts G1 ergeben können. Dort heißt es unter anderem:
GIRA
„Wenn große Anlagen mit mehr als 62Video-TeilnehmernundMehrgesprächsmodus gefordert sind, bietet der Gira G1die Möglichkeit als SIP-Client zudienen. Die Türstation wird dabei von einem Fremdsystem genutzt. So unterstützt der Gira G1 SIP Client derzeit das SIP-Protokoll diverser Anbieter, dazu gehören z. B. Comelit, xxx und xxx. Somit lässt sich der Gira G1durchdie Doppelfunktion als SIP-Wohnungsstation und als KNX Interface nutzen. Vorteil für den Nutzer: Er hat dabei nur ein Display an der Wand.“
Der Trend zu Doppelfunktionenbei zentralen Steuerungs-und Bediengeräten ist unaufhaltsam. Umso wichtiger ist es für das elektrotechnische Fachhandwerk, aktuelle Herausforderungen zu kennen und sich über neue Entwicklungen im Bereich der Türkommunikation auf dem Laufenden zu halten. Deshalb gilt für Sie:
• Informieren Sie sich verstärkt über jene Möglichkeiten, die Ihnen Ihr bevorzugter Industriepartner für den Bereich Türkommunikation derzeit bietet
• Vergleichen Sie die Möglichkeiten gegebenenfalls mit anderen Anbietern
• Überlegen Sie genau bei welchen Ihrer Bestandskunden es sinnvoll sein könnte, derzeitige Türkommunikationslösungen an eine bereits vorhandene oder noch zu errichtende Gebäudeautomation anzubinden
• Verfolgen Sie auch weiterhin die Berichterstattung von ‚marktintern’ Elektro-Installation (miEI)
– miEI bleibt für Sie dran‘!
RA Oliver Blumberg
Chefredakteur
Schlagwörter: Hausautomation, Schalter & Türkommunikation
Themen: Bauen & Wohnen (/themen/bauen-wohnen/),Handwerk (/themen/handwerk/)